Merkmale dialogischer
Praxisformen _2
TherapeutInnen beziehen sich selbst in
die Betrachtung mit ein, das heißt, Klientensysteme werden nicht
mehr als Objektsysteme in Behandlung betrachtet, in die
interveniert wird: KlientInnen und TherapeutInnen hören sich
wechselseitig als Bestandteile des gemeinsamen, selbstreflexiven und
multivokalen therapeutischen Systems zu und kommentieren einander.
Durch diese Vorgehensweise ändert sich die therapeutische
Sprache: sie
wird zunehmend nicht-expertenhaft, vermeidet Entwertungen und
wirkt, da sie die Zusammenarbeit mit den KlientInnen in den
Vordergrund rückt, sozial konstruierend bzw. dialogisch.
Die therapeutische
Qualifikation entwickelt sich daher weg von
diagnostisch-technologischen und interventionistischen Expertentum
und transformiert sich hin zum Nicht-Expertentum bzw. dem
Prozessexpertentum für die kollaborative Gesprächsmoderation:
TherapeutInnen stellen einen Rahmen für Gespräche zur Verfügung, in
dem Herstellung, Aufrechterhaltung und konstruktive AufLösung von
therapeutischen Gesprächen möglich sind. Eine therapeutische
MeisterIn ist also MeisterIn der therapeutischen Gesprächskunst,
die nachvollziehendes und schöpferisches Verständigen und
Verständnis, Wertschätzung für Unterschiede und neue Möglichkeiten
für die Zukunft fördert.
Als dialogisch (postmodern) können dementsprechend
solche Beratungs- und Therapieformen angesehen werden, die die
genannten vielfältigen Merkmale auf sich vereinigen und sich
bemühen, in Zusammenarbeit mit ihren Klienten neue,
sich selbst
transformierende Lernkontexte herzustellen.